Mädchen- und Frauenbildung
Ist Monoedukation noch zeitgemäß?
Warum wir Mädchenbildung brauchen!
Das Mädchengymnasium St. Agnes wurde 1885 als „Höhere Töchterschule“ gegründet, in einer Zeit, in der es keinesfalls selbstverständlich war, dass Mädchen eine gute Schulbildung zuteil werden sollte. Höhere Bildung war auf die Jungen ausgerichtet, damit sie ihre Rolle als Ernährer der Familie wahrnehmen konnten, während für die Mädchen die 3 Ks vorgesehen waren: Küche, Kinder, Kirche. Heute sind die Jungen oft die Bildungsverlierer, während die Mädchen die besseren Leistungen erbringen und die höheren Bildungsabschlüsse haben. Wieso treten wir also heute noch für die Monoedukation ein? Ist eine Mädchenschule nicht eine überholte Einrichtung?
Seit der Bildungsreform der 60-iger Jahre und der Einführung der Koedukation hat sich Vieles geändert: Trägt nicht das gemeinsame Unterrichten von Mädchen und Jungen dazu bei, Rollenklischees abzubauen, die Gleichberechtigung zu fördern und beide Geschlechter für die spätere Zusammenarbeit im Beruf und für das Leben allgemein vorzubereiten?
Nein, eben nicht! Solange die Frage gilt: „Wofür stehen 5 Krawatten und ein Rock?“, Frauen also in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, die gläserne Decke da ist und Frauen im Durchschnitt ein Drittel weniger verdienen als Männer, ist es sinnvoll und notwendig, das Selbstbewusstsein von Mädchen und Frauen besonders zu stärken, zum Beispiel durch Mädchenschulen. Zudem wurden folgende Feststellungen wissenschaftlich belegt:
- in koedukativen Klassen dominieren Jungen den Unterricht,
- Mädchen werden oft als Puffer eingesetzt und zur Interaktion gebraucht,
- die Leistungen der Mädchen werden von den Lehrkräften oft weniger gelobt als die der Jungen,
- die Unterrichtsinhalte sind mehr auf die Jungen abgestimmt, Mädchen lernen anders als Jungen. Sie benutzen oft beide Hirnhälften im Gegensatz zu den Jungen und Mädchen reagieren mehr auf Anweisungen, die konkrete Fakten enthalten, Jungen mehr auf abstrakte Vorstellungen,
- Mädchen und Jungen entwickeln sich unterschiedlich schnell, wobei Mädchen in der Phase der Pubertät mehr Selbstzweifeln ausgesetzt sind als Jungen.
Monoedukation berücksichtigt all diese Faktoren, vor allem lässt sie Jungen und Mädchen in dem ihnen eigenen Tempo gemäß reifen.
Deshalb treten wir für die Monoedukation ein, für Mädchenbildung in Mädchenklassen!
In Mädchenklassen verliert das Geschlecht an Bedeutung (Prozess der Entdramatisierung), d.h. Mädchen müssen den Anforderungen, die in gemischten Klassen gelten, nämlich sich weiblich zu verhalten, weniger nachkommen. Sie entwickeln weniger geschlechtsspezifische Fächerinteressen. Physik ist dann beispielsweise kein Jungenfach mehr. Die Folge ist,
- dass ein größeres Intersse an MINT-Fächern, v.a. an Mathematik und Physik, besteht,
- dass die Mädchen mehr Freiheit bei der Entwicklung ihrer Weiblichkeit, bei der Ausgestaltung ihrer Rolle als Frau haben,
- dass die Mädchen mehr Raum für die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten, Begabungen und Neigungen haben.
An unserer Schule achten wir in unserer pädagogischen Arbeit auf die Berücksichtigung dieser Aspekte und legen vor allem Wert darauf, die Mädchen in ihrer Phase des Erwachsenwerdens zu begleiten.
Umfragen von Schülerinnen der Klassenstufe 9 ergeben auf die Frage: „ Was schätzt ihr an der Mädchenschule“? folgende Feststellungen:
- „Ich schätze den offenen Umgang miteinander.“
- „Man kann sich selbst sein.“
- „Man verstellt sich nicht, um den anderen zu gefallen.“
- „Man kann über viel mehr Themen reden.“
- „Frauenspezifische Themen können offen besprochen werden“
- „Der Anpassungsdruck ist nicht so hoch.“
- „Man fühlt sich freier.“
- „Man entwickelt mehr Selbstbewusstsein.“
- „Man wird mutig, authentisch zu sein.“
- „Man steht zu sich und zu seiner Meinung.“
Fazit: Mädchenbildung ist wertvoll und wird gebraucht!
Marietta Steidle-Rieger